Niederlibbach-Wehen-Wiesbaden-Biebrich/Ufer-Mainz/Weisenau-Laubenheim-Bodenheim-Nackenheim¬Nierstein--Autofähre-Geinsheim-Leeheim-Riedstadt-Gooddela-Philippshospital-Crumstadt-EscholIbrücken-Pfungstadt-Seeheim-Oberbeerbach-Allertshofen-Modautal/Brandau-Neunkirchen-Laudenau-Kleingumpen-Relchelsheim-Frohnhofen-UnterosternRorbach-Obermossau-Untermossau, 127 km
Früh bin ich aufgewacht. Draußen hat es nur geregnet. Also habe ich weiter geschlafen. Zu Mittag nach einem Marmeladefrühstück regnete es noch immer. Um 10 Minuten nach 10:00 Uhr bin ich dann aufgebrochen. Meine Töchter, eine noch immer im Pyjama, und meine Frau verabschiedeten mich.
Nach 1/3 des ersten Berges fiel mir ein, dass ich den Zulassungsschein meines Autos doch meiner Frau zurücklassen sollte. Sie wollte mir mit dem Auto wenige Tage später folgen und mich unterwegs auflesen, oder am Zielort treffen. Da das Haus noch in Sichtweite war, fuhr ich nicht zurück. sondern pfiff, um die Aufmerksamkeit meiner Familie auf mich zu lenken. Leider reagierte keiner. Plötzlich kam Margit, meine Frau, mit dem Auto. Sie hatte mich deshalb nicht hören können, Sie wollte noch einmal Tschüß sagen. Bussi , Bussi und weiter ging es.
Oben auf dem Hügel wollte sie mir noch winken, wie ich nachher erfuhr. Daraus wurde nichts, da unsere schwangere Freundin, die sie nach unserer Verabschiedung ansteuerte, nicht so schnell aus dem Haus ins Auto konnte, wie ich den ersten Hügel schaffte. Oben angekommen ging es gleich wieder nach unten. Die Low-Rider scheinen sich zu bewähren. Kein Problem beim Lenken. Nach Wehen folgt der zweite Berg, die Platte mit einer alten Schlossruine, von der es einen herrlichen Blick in das Rhein-Main Gebiet gibt. Vorher noch ein großer Auflauf von Autos. Doch nicht wegen mir. Nein, Tennisturnier in Wehen.
Der 2. Berg war endlich geschafft. Abwärts ging es nach Wiesbaden. Die Ampeln in Wiesbaden waren immer rot. Ich sollte schneller fahren, aber es geht nicht. Die Mainzer Straße vorbei an MacDonalds nach Amöneburg, Kastel und dann über die alte Rheinbrücke nach Mainz auf das andere Rheinufer.
Nackenheim ein netter Ort mit vielen Lokalen. Dort muss ich mit meiner Familie und meinen Freunden bald hin. In Nierstein ging es auf die Rheinfähre. Zwei Motorradfahrer, gut gestylt, standen neben mir. Nachdem ich ihnen bestätigte, dass kein Wein in meiner Trinkflasche am Fahrrad sei, kamen wir ins Gespräch und das geplante Foto am Rhein fiel aus. Einer, der Dickere, hatte einmal seine Firma in Hahn. Der andere, der Schlankere, war stiller. Mit seiner Kleidung und seinem Bart erschien er so ordentlich angezogen, dass ich gar nicht glauben konnte, dass er mit dem Motorrad fuhr, wo doch der Bart entstellt werden könnte.
Im Hintergrund konnte ich schon den Odenwald erkennen. Über mir wurde es sehr dunkel, wenige Tropfen trafen mich. Aber der Wind muss schneller als mich die Wolken in den Odenwald getrieben haben, sodass ich verschont blieb von dem üppigen Naß über mir.In Philippshospital hielt mich ein alter Herr an. Scheinbar wollte er, dass ich ihm beim telefonieren helfe. Es half ihm eine Frau des Hospitals, sodass ich unter den Tropfen, die etwas zunahmen, weiterfuhr.
Früher waren Flüsse schwierig zu überqueren, jetzt sind es Autobahnen. Der Beschreibung zweier Herren folgte ich. Dann fragte ich noch ein jüngeres Paar mit zwei Kindern im Sonntagsgewand. Trotzdem fuhr ich über Schotter, durch Sand und schlammige Pfützen bis ich wenige Kilometer nördlich eine richtige Straße fand und die Autobahn überqueren konnte. Dabei war für mich zu erkennen, dass die Hinweise der Passanten in Ordnung waren. Sie wollten mich zu einem Fußgängerübergang führen, den ich verpasste. Also war ich selbst daran Schuld, dass gleich am Beginn meiner Reise mein Fahrrad und ich so schmutzig wurden.
Nach der Fähre ging es eben dahin. Kanäle mit Schilf und vielen Wasserlinsen umgrenzen fruchtbare Sonnenblumen- und Maisfelder.
Nach Seeheim zeigte der Odenwald sofort, dass es sich hier nicht um flache Hügel handelte. Ich musste kurz aus dem Sattel. Ab Oberbeerbach, einem netten Ort, ging es wieder etwas gemütlicher weiter. Aber nicht lange. Dann wieder bergauf, bergab. Ich wollte es, ja, so. In Neunkirchen gab es einen tollen Blick in die nördlichen Gebiete des Odenwalds. Flache Gebiete. Ich war hoch. Ich spürte es und wollte eigentlich nicht mehr so recht. Als es kurz bergab ging, war ich jedoch sofort wieder motiviert.
In Laudenau gab es einen Wegweiser für Radfahrer, der in einen Reichelsdorfer Weg zeigte, und mich zu einer vermeintlichen Abkürzung verführte. Der Weg endete bald in einem Waldweg, der sehr gut für Mountain-Bike Fahrer geeignet ist, aber weniger für ein Rennrad mit schmalen Reifen.
Der Weg wollte nicht enden. Wild und Bäume wurden auf Schildern beschrieben. Ich fuhr auf einem Lehrpfad. Endlich war Reichelsdorf erreicht und ich war noch etwas schmutziger. An der Hauptstraße eine Pizzeria mit Eisgeschäft und Straßenbedienung. Drei Bällchen Eis und ein großer Apfelsaft sollten mich stärken den nächsten Anstieg vor meinem Quartier zu schaffen.
Ein nettes Ehepaar, dessen Mann noch gestern 150 km Rad gefahren war, wollte mich auf einen einfacheren Weg lenken, als ich geplant hatte. Ich fuhr trotzdem meine Route. D.h. ich plagte mich.
Unterwegs lockten zwei nette Quartiere, eines sogar mit Schwimmhalle und einsam gelegen. Trotzdem fuhr ich weiter nach Obermossau, wo ich als einziger Hotelgast sehr nett aufgenommen wurde. Nachdem ich daheim angerufen und meinen Standort mitgeteilt hatte, legte ich mich in ein heißes Bad. Dann rief meine Frau an. Nass mit dem Handtuch als Unterlage telefonierte ich mit ihr. Leider war sie nicht bei mir.
Das Weizen vom Fass ist wirklich so gut, wie Hans beschrieb. Es wurden drei und zwei Radler. Gegessen habe ich, ich weiß nicht mehr, irgendetwas mit Pilzen und Nudeln. Während ich diese Zeilen schreibe sitze ich direkt vor der Bar. Ein junges Mädchen, blond, schildert ihrer Kollegin ihre Unzufriedenheit. Zu mir ist sie besonders nett. Am Tisch steht Malz in Zuckerstreuern zum Naschen. Papier und Schreibgerät erhielt ich vom Empfangschef. Nun sitze ich mit der netten Bedienung alleine in dieser gemütlichen Umgebung und schreibe diese letzten Zeilen für heute. Im Radio singt Dustin Springfield.
Hüttenthal-Hetzbach-Beerfelden-Gammelsbach-Eberbach-Gaimühle-Waldkatzenbach-Strümpfelbrunn-Weisbach-Lohrbach-Neckarburken-Elztal-Sulzbach-Allfeld-Neudenau-Stein/Kocher-Kochertürn-Neuenstadt/Kocher-Brettach-Langenbeutingen-Weißlensburg-Bitzfeld-Adolzfurt-Geddelsbach-Brettach-Mainhardt-Neuwirtshaus-Hütten-Wielandsweiler-Badhaus-Obermühle-Oberrot-Hausen-Fichtenberg-Gschwend-Hönig-Ruppertshofen-Leinzell-Heuchlingen-Mögglingen-Lautern-Lauterburg-Bartholomä, 173 km
Am zweiten Tag, nach einem einsamen Frühstück, aber mit der Frankfurter Aligemeinen Zeitung zum reichhaltigen
Buffet, ging es Richtung Beerfelden.
Der Wegweiser nach Beerfelden führte mich steil bergauf durch den Ort. Das hätte ich auf der Umfahrungsstraße leichter gehabt. Dafür kam ich an einem großen Viehmarkt mit Auktionen vorbei. Vor lauter Viechern muss ich mein Hirn nicht auf der Straße gehabt haben. Denn nach 6 km schöner Bergabfahrt schien mir dieser Weg ab von meiner Route. Richtig, ein Herr mit Fahrrad erkannte mein Problem und motivierte mich erst recht nicht wieder zurückzufahren. sondern Richtung Eberbach weiterzufahren und dort links haltend wieder auf meine Route einzuschwenken.
Richtung Gaimühle, einem schönen Nest, fuhr ich gemächlich bergauf. Doch dann Richtung Waldkatzenbach auf den Katzenbuckel fürchterlich steil, aber sehr schön.
Dichter finsterer Wald, plötzlich ein Knall. Vor Erschöpfung fiel ich fast vom Rad. War wohl eine Sprengung in der Nähe.
Aus Strümpfelbrunn verabschiedeten mich die Mittagsglocken. Statt dichtem Wald gab es jetzt wieder Felder und Wiesen.
Um 13:30 Uhr blickte ich vom Parkplatz Lindach auf Neckarburken im Elztal. Ein schöner Blick. Übrigens auf
jedem Hügel, auch wenn dort keine Aussichtsmöglichkeit besteht, gibt es einen Parkplatz, wie wenn sich die Autos nach den jeweiligen Anstiegen ausruhen müssten. Und ich?
Richtung Stein am Kocher konnte ich rechter Hand die Kühltürme von Neckarsulm sehen. Von der umfangreichen Industrie in diesem Gebiet war ich weit entfernt zwischen wilden Kirschen- und Vogelbeerbäumen.
In Stein am Kocher kehrte ich im "Grünen Baum" ein, einem jugoslawischen Lokal, einem der ganz wenigen an der
bisherigen Strecke mit Gelegenheit im Freien sitzen zu können. Dort kehrte auch eine Grazer Familie ein, die die üppige jugoslawische Platte kaum vertilgen konnte, bevor sie ihre Reise in den Osten Deutschlands mit ihrem geliehenen "handmade" Wohnmobil auf Mitsubishi-Basis fortsetzen konnten. Ich begnügte mich mit einem bosnischen Salat mit Tomaten und Schafskäse und zwei großen Radlern.
Dem Tal der Brettach folgend ging es weiter bis Mainhardt; immer Bach aufwärts.
Ab Wielandsweiler folgte ich der Rot. Überall Säg(e)mühlen. So viele habe ich auf so kurzer Strecke noch nie gesehen.
In einem Ort, ich weiß nicht mehr, wie er hieß, brach einem jungen Burschen sein Moped mit heulendem Motor aus und raste zwischen die Zapfsäulen und wollte gar über diese hinweg fahren. Der Schaden war erheblich. Verletzte gab es keine.
Bei Fichtenberg verließ ich das Tal der Rot, die kurz später (5 km) in den Kocher mündet.
Wieder ging es lange bergauf. Eine Quelle gab mir die Kraft Gschwend zu erreichen.
Spätestens ab Möglingen konnte ich die Alb mit ihren steil abfallenden Hängen vor mir erkennen.
Nun von Möglingen nach Lautern gab es auf 2 km 60 Höhenmeter zu überwinden; von Lautern nach Lauterburg auf 2,5 km 200 Höhenmeter, mit zeitweise 18% Steigung. Oben angekommen, nach kräftigem Schieben, tat ich einen großen Schluck aus der Flasche. Eine ältere Dame konnte es sich nicht verkneifen: "Gelle, das mach durstig!"
Im nächsten Ort, Bartholomä, beendete ich meine Tagesfahrt beim Haus Anita.
Vor dem Essen wusch ich erstmals meine Radkleidung. Sie sollte bis morgens trocken sein. Ein Steak am Stein mit zwei Spiegeleiern sollten mir meine verloren gegangene Kraft wieder geben. Dazu ein Weizen, zwei Pils und später noch ein Vanilleeis mit heißen Himbeeren das sollte reichen. Ich fiel ins Bett. Übrigens um 22:30 Uhr kam noch ein Handwerkertrupp erschöpft vom Hausbau.
In der Garage, wo ich mein Rad abstellte. sah ich einen alten Jagdwagen. Wie ich erfuhr, war das Hobby des Inhabers mit einem Vierergespann diesen Wagen zu fahren. Leider verstarb er im letzten Jahr, nachdem sein Sohn kurz zuvor in seinem letzten Lehrjahr an seinem ersten vorzeitig freien Samstag bei einem Motorradunfall verunglückte. Die Ehefrau wird heute zeitweise von ihrem zweiten Sohn unterstützt. Die Tochter ist 40 km entfernt glücklich verheiratet. Beide interessieren sich jedoch nicht für das "Fahren".
Bartholomä, Steinheim/Albuch-Heidenheim-Mergelstetten-Bolheim-Dettingen-Hürben-Stetten-Oberstotzingen-Niederstotzingen-Riedhausen-Günzburg-Denzingen-Deffingen-Kleinkötz-Hochwang-Deubach-Wettenhausen-Goldbach-Jettingen-Ried-Oberwaldbach-Grünenbaindt-Fleinshausen-Dinkelscherben-Ustersbach-Aretsried-Fischach-Willmatshofen-Tronetshofen-Siegertshofen-Mickhausen-Münster-Konradshofen-Schwabegg-Hiltenfingen-Langerringen-Hurlach-Igling-Erpfing-EIlighofen-Unterdießen-Fuchstal-Leeder-Denklingen-Epfach-Hirschau-Reichling-Rott-Wessobrunn-Zellsee-Patarzell-Blaik-Fendt-Peissenberg, 181 km
Am nächsten Morgen, die Hose war nicht trocken. radelte ich 6 km die Hohe Steige bergab nach Steinheim am Abbuch. Die Hose hatte ich zum Trocknen vorne über die Radtasche gespannt. Die Strecke kam mir besonders ruhig vor. Vielleicht auch deshalb, da ich anschließend durch die Industriestadt Heidenheim fuhr. Dort ist nicht nur Industrielärm. Es liegen auch vielerlei Industriegerüche in der Luft. Das prägte meinen Eindruck von dieser Stadt, auch wenn ich durch nette Vororte Richtung Bolheim fuhr.
Vor Dettingen strampelte ich mit Grillenbegleitung wieder bergauf.
Nach Hürben kam ich in das Lontal, eine der schönsten (einsamsten) Strecken auf meiner Route. Vor dem Lontal gab es noch die Charlottenhöhle zu besichtigen. An einem der Seitenhänge des Lontales übten Eifrige mit dem Gleitschirm.
In Niederstotzingen kehrte ich in der Schlosskneipe ein. Dazu gehört ein ganzes Schlosshotel mit Restaurant "Vogelherd“, benannt scheinbar nach der in der Nähe liegenden Vogelherdhöhle.
Danach fuhr ich 8 % Gefälle bergab in die Niederungen des Donaumoos. Eben und geradeaus ging es nach Günzburg. Ich hätte alle Brauereien zählen sollen. Es waren sehr viele an denen ich vorbeifuhr. Regionen. die ich durchfuhr, sind nicht nur von landschaftlichen Merkmalen geprägt. Autokennzeichen und Biersorten prägen ebenfalls das Bild. In Günzburg fuhr ich um den Kirchberg herum und dann die B16 Richtung Ichenhausen. Eine sehr verkehrsreiche Strecke. In Hochwang zweigte ich ab und fuhr über Deubach, wo gerade Schulschluss war, nach Wettenhausen, in das ich über ein 8% Gefälle hineinraste. Eigentlich hätte ich über Harthausen und Hammerstetten nach Wettenhausen fahren sollen, wo kaum Verkehr ist. Aber das habe ich leider verpasst.
Von Jettingen über Ried, Oberwaldbach, Grünenbaindt nach Fleinshausen fuhr ich ebenfalls durch eine einsame schöne Landschaft. Wenige Grünlandbauern beim Mähen und Wenden waren die einzigen Menschen denen ich begegnete. Auf dieser Strecke pausierte ich in einem Waldstück. Kein Auto kam vorbei während dieser Zeit.
Über Dinkelscherben und Ustersried radelte ich weiter nach Aretsried, einem kleinen Nest. Man würde es als unauffällig einstufen. Doch seitdem Müllermilch von dort aus seinen Erfolg startete, wird gebaut, gebaut und gebaut. Ein Riesenwerk mit riesengroße Kläranlage. Eine deutsche Erfolgsstory zum Ansehen.
Über Fischach. Mickhausen, Münster nach Konradshofen führte eine landschaftlich schöne Straße. Erschöpft wollte ich in Konradshofen etwas zu mir nehmen. Leider war das Wirtshaus geschlossen. Auf dem Anstieg vor Konradshofen hatte ich gerade einen Ast und wollte stehenbleiben. Doch der Blick eines Bernhardiners aus dem unverschlossenen Garten neben mir gab mir Kraft weiterzuradeln.
Über Schwabegg, Hiltenfingen schleppte ich mich zu einer offenen Bäckerei in Langeringen. Dort verschlang ich ein Nußdreieck und ein Coca-Cola. Gestärkt ging es weiter.
Jetzt mehrten sich in den Orten die bayerischen Biergärten. In Igling kam ich an einem Schloss mit Schlosskneipe und angeschlossenem Golfplatz vorbei.
In Erpfing kehrte ich ein. Zwei Radler und ein Wurstbrot habe ich mir von einer blonden Serviererin bringen lassen.
In Epfach überquerte ich die Lech und musste anschließend eine 13 % Steigung bewältigen. Wie ich das schaffte, ohne zu pausieren, weiß ich nicht. Vielleicht motivierte mich ein Radler der an dieser Steigung an mir vorbeizog.
In Rott und Wessobrunn schaute ich bereits nach Quartier für die Nacht. In Patarzell gibt es ein schönes Hotel. Hoch über dem Zellsee gelegen bot sich ein weiter Blick von einer schönen Terrasse. Leider war es belegt. Ein junger Mann vermittelte mich nach Peissenberg in die Post. Dort war mächtig viel los. Ich setzte mich ins Freie und beobachtete die näher kommenden Wolken. Dabei verzehrte ich ein Gordon Bleu und einige Weizen vom Fass.
Die Nacht war grauenhaft trotz Fernsehapparat.
Schmerzen im A...!
Regen begann.
Wie soll es am Morgen weiter gehen?
Peissenberg-Wörth-Eyach-Oberhausen-Huglfing-Tauting-Eglfing-Spatzenhausen-Waltersberg-Murnau/Staffelsee-Ohlstadt-Eschenlohe-Oberau-Farchant-Garmisch-Partenkirchen-Klais-Barmsee-Krün-Wallgau-Vorderriß, 77 km
Ich frühstückte umfangreich, wartete eine Regenpause ab und fuhr los. Ich merkte schon, heute geht es nicht gut. Schmerzen, keine Kraft, Müdigkeit und der Regen machten meine Stimmung nicht besser. Aber umso mehr machte mir Freude die Landschaft und das Gefühl die Alpen erreicht zu haben.
Gleich nach dem Hotel schickte mich eine Dame mit Tochter über einen 13 % Anstieg. Da vergißt man die Schmerzen.
Danach kam trotz schöner Talfahrt keine Freude auf.
Nach Murnau wählte ich die ruhigere, aber auch anstrengendere Strecke über Ohlstadt nach Eschenlohe. Beim
Fremdenverkehrsverein erkundigte ich mich, ob der auf meinem Plan ausgewiesene befestigte Weg über die
Gachentodklamm asphaltiert sei. Leider höchstens für Mountainbikes geeignet. Also um das Ester-Gebirge herum
über Garmisch-Partenkirchen nach Krün und dann nach Wallgau.
Nach Oberau in Farchant begann der Regen erstmals kräftig zu werden. Deshalb kehrte ich sofort in einer Kneipe mit Garten ein. Leberknödelsuppe, Leberkäse und Apfelschorle musste ich im Lokal wegen des Regens zu mir nehmen. Das Gespräch zwischen Wirt und Kneipenhockern musste ich unfreiwillig mithören. Schrecklich! "Asylantenverfahren" einstellen! Hitler muss wieder her! Solche Statements liefen da ab.
Nachdem sich der Himmel aufhellte radelte ich weiter Richtung Garmisch-Partenkirchen. Doch kurz nach dem Ortsschild legte der Regen erst richtig los. Neben mir suchte auch ein Motorradfahrer Zuflucht in einem Buswartehäuschen. Durch das Werdenfelser Land zuerst mühsam bergauf, dann gemütlich bergab ging es nach Krün. Kurz nach Garmisch-Partenkirchen beginnt übrigens ein Radweg, der gerade fertiggestellt wurde. Er führt bis Wallgau. Wenige Radfahrer und Wanderer begegneten mir.
In Wallgau nach einigen Serpentinen bergauf und einem schönen Blick das Isartal flußaufwärts fuhr ich an einer
Mautstelle vorbei, die Mautstraße nach Vorderriß.
Das Tal ist einmalig schön, wenn man naturbelassene Landschaften liebt. Klares Wasser der Isar sucht sich immer neue Wege im breiten buschigen Schotterbett.
In Voderriß lernte ich den von Hans empfohlenen Gasthof zur Post kennen.
Da ich mich innerlich schon seit Tagesbeginn auf einen Halt in Vorderriß eingestellt hatte, fiel es meinen Schmerzen nicht schwer hier einen Nachtaufenthalt vorzuschlagen. So konnte ich ab 16:00 Uhr gemütlich jausnen, duschen und anschließend unter dem Vordach auf einer Bank an der Hauswand, geschützt vor dem starken Regen, meine Erlebnisse der letzten drei Tage niederschreiben.
Alle hier ist sehr ordentlich. Nicht nur das Zimmer, das Lokal, der Garten, nein, auch die Scheune, in der ich mein Rad abstellte. Ein Rudel Huskies lärmte und einige weiße Huskies liefen im Regen bei mir herum. In das Rißtal nach Österreich konnte ich nicht mehr mit dem Bus, da nur einer morgens dorthin und abends wieder zurück fährt. Heute fuhren zwei Personen zurück. Das österreichische Rißtal ist mit PKW's nur von Deutschland aus erreichbar.
Zum Abendessen setzte ich mich an einen Tisch mit einem älteren Ehepaar. Er, ein richtiger Bayer, mit Hut; sie eine Norddeutsche. Beide leben jetzt in der Nähe von Bad Tölz.
Geräucherte Renke mit Radler und einem dunklen Bier genoß ich.
Die Nacht in einem sehr schönen Zimmer war wieder nicht optimal. Wenn der A... nicht wäre.
Kraftwerk Sylvenstein-Kaiserwacht/Achenpass-Achenwald-Achenthal-Achenkirch-Achensee-Buchau-Egg-Maurach-Wiesing-Straß/Zillertal-Schlitters-Fügen-Kapfing-Stumm-Aschau-Zell-Hainzenberg-Gerlos-Gerlospass-Ronach, 100 km
Zum Frühstück lernte ich einen jungen Forstmann kennen, der in der Nähe von Strümpfelbrunn, wo ich durchfuhr, wohnt. Er besuchte hier einen Förster, den Zuchtwart für die alpenländische Bracke. Er selbst hatte einen solchen Hund dabei.
Beim Satteln meines Drahtesels richtete nebenbei eine junge Betreuerin Kraftgetränke für ihre Kindergruppe her, denn sie wollten heute nach Wallgau.
Die Landschaft. Das breite Bett der Isar, die Wälder rundherum und zeitweise Sonnenschein, versprechen einen schönen Tag. Gemächlich ging es bis zum Sylvensteiner See.
Auf den Achenpaß stieß ich bei Kaiserwacht (832 m). Dort passierte ich die Grenze nach Österreich. Rechter Hand
steigen die Ausläufer der Tegernseer Berge auf, dann das Rofangebirge und links das Karwendelgebirge.
Bis Achental gab es einige Steigungen. Danach fuhr ich in den Ortstraßen von Achenkirch und Achensee. Ab dort führt ein wunderschöner Weg entlang des Achensees bis zum Seespitz.
Zwischendurch kehrte ich in einem kleinen Lokal auf einem Campingplatz ein. Dort sprach mich ein Ostdeutscher aus Plauen auf die Sicherheit meiner Bremsen und Felgen an. Denn er hätte bei seinem "Ostrad" echt Sorge. Diese Freiheit, wie man sich hier bewegen kann, ist für ihn unbeschreiblich schön. Nach wie vor zuckte er beim Grenzübergang nach Österreich zusammen, als ihn der Beamte aufforderte doch endlich weiterzufahren.
In rasender Fahrt sauste ich bergab in das Inntal. Bin ich das schon alles bergauf gefahren? Muss ich das alles wieder bergauf?
Während der Abfahrt hielt ich einmal und genoß den Blick in das Inntal und das beginnende Zillertal. Schon ein schönes Fleckchen Erde, wenn man so von oben in das ruhige Tal sieht mit seinen grünen Hängen und den großen Berghöfen.
Im Zillertal musste ich teilweise die Hauptstraße nutzen. Dort begegnete mir auch die Zillertalbahn. Linker Hand die Kitzbühler Alpen, rechts die Tuxer Alpen. Einfach schön. Es sollten hier nur mehr Radwege ausgewiesen werden, denn die Hauptstraße mit dem Schwerverkehr ist für Fahrradfahrer gefährlich eng.
In Zell, wo ich in das Gerlostal abzweigte, nahm ich noch eine Stärkung zu mir: Spezi und Eiskaffee. Es war notwendig, denn es ging wieder mächtig bergauf. Also doch! 12 % teilweise, aber ich schaffte es bis auf 1200 m ohne Pause. Sagenhaft, ich konnte es kaum fassen. Aber immer der Hintern. Er fing wieder an zu stechen. Bei einem kleinen Kiosk traf ich ein altes Ehepaar, die gerade auf einer Rundreise waren. Ich warnte den älteren Herren bevor er auf der komfortablen Bank. ein Brett auf Ziegeln, Platz nahm. Denn sie könnte kippen. Mir ging es so. Ich hing dann zwischen Brett und kippendem Tisch und konnte den donnernden Zusammenbruch gerade noch verhindern. Das verdarb mir aber trotzdem nicht den Appetit auf ein Glas Milch und ein Nogger Eis.
Der Himmel ließ immer wieder ein paar Tropfen fallen. Hinter mir blitzte und donnerte es. Das Wetter holte mich nicht ein, oder zog es etwa in die andere Richtung?
In Gerlos drohte der dunkle Himmel über mir sich zu entladen. Aber, Gott sei Dank. es passierte nichts. Ich konnte weiter vom Fuße des Speichers "Durlaßboden" ging es wieder steil bergauf. Ich überholte zwei Damen, eine ältere und eine jüngere, möglicherweise Mutter und Tochter. Die Tochter auf einem rosa Rad mit nicht gerade optimaler Übersetzung für diesen Berg stöhnte kräftig.
Oh Gott, ging das bergauf. Endet das nie? Plötzlich ein Schild "Gerlospaß 1507 m".
Niemand war da. Ich stieß zwei Jauchzer aus und dachte weder an meinen A..., noch eingetretenem Kräfteschwund.
Ein tolles Gefühl. Ich habe es geschafft.
Zur Abfahrt wählte ich die alte Gerlospassstraße, wo ich letztes Jahr mit meiner Familie wilde Erdbeeren pflückte. An gleicher Stelle hielt ich an und machte ein Foto von dieser Stelle. Die Kühe gaben eine schönen Rahmen. Bis zu meinem Hotel Ronach in Wald-Königsleiten am Gerlospaß auf 1.450 m begegneten sie mir jetzt laufend auf der Straße.
Wenn nur nicht dieser A... wäre, wäre alles doch so schön. So fühle ich mich verkrampft. Immer nur Schmerzen. Die wenigen Gäste sahen in die Luft, lasen etwas oder spielten Karten. Die Wirtsleut` spielten dann auch Karten mit lautstarker Begeisterung. Margit rief mich an, nachdem ich zuvor meinen Standort durchgegeben hatte. Leider hatte ich eine gedämpfte Stimme. Sie gab meinen Schmerzzustand wieder. Ich wollte mich bessern, nahm ich mir vor.
Noch 80 km bis ans Ziel, d.h. 3/4-Umrundung der Venediger Gruppe. Was ist denn das noch? Also Kopf hoch!
Wald-Königsleiten/Pinzgau-Neukirchen/Großvenediger-Bramberg/Wildkogel-Mittersill-Felbertauerntunnel-Matrei-Mitteldorf-Virgen-Obermauern-Bobojach-Prägraten-Bichl, 80 km
Früh wachte ich auf. Um kurz nach sechs Uhr ging ich zum Frühstück. Licht brannte bereits. Also war wer da. Ein großer schwarzer Schäferhund brummte mich an und verfolgte mich durch das Lokal bis ich mich niederließ. Der Hund legte sich vor mich hin und ängstlich, wie ich bin, wartete ich bis die Wirtin kam und den Hund vor das Haus schickte, bevor ich wieder aufstand. Nun konnte ich ein diesmal nicht so gutes Frühstück zu mir nehmen.
Danach fuhr ich nur bergab, teilweise 20 %. Schnell konnte ich nicht fahren, da die Straße sehr eng und kurvenreich war.
Traumhaft schönes Panorama und wenig Verkehr machten die Abfahrt in den frühen Morgenstunden zu einem Vergnügen. Oft hielt ich, um die Eindrücke zu genießen.
Von Wald im Pinzgau bis Mittersill gab es ca. 100 m Gefälle entlang der Salzach. Nach wie vor schön, aber zunehmend mehr Verkehr. Ich musste sehr Acht geben.
In Mittersill suchte ich einen Arzt auf. Ich bekam Nummer 14, schilderte ihm dann meine akuten Probleme, Hämorrhoidenschmerzen. Meine Salbe ging aus und eine schmerzhafte Verkrampfung im linken Schulter- und Halsbereich. Nachdem ich ihm auch erzählte, dass ich ins Virgental wollte, meinte er, dass wir uns dort vielleicht sehen würden. Aber noch umfassender unterhielten wir uns über das Problem A... Er hatte die gleichen Probleme. 10 Jahre schlug er sich damit herum. Seine Kinder wollten so gerne mit ihm in die Berge. Für ihn war das aber immer eine Qual. Dann endlich lies er sich operieren. In Würzburg und München gäbe es doch gute Spezialisten, meinte er. Ich sollte das auch tun. Es wird mit dem Alter nur noch schlechter. Wäre jetzt ein Arzt zur Stelle gewesen. Ich glaube ich hätte es gewagt. Nach einigen Medikamenten, eines gegen Schmerzen, einem Rezept für die A...-Behandlung für zwei Medikamente und einem Jaukerl (=Spritze) in die A...-Backe ging es gestärkt weiter.
Von Mittersill zog sich die Straße umgeben von schönem Panorama auf 1.605 m (815 Höhenmeter ab Mittersiil) zur Tunneleinfahrt. Dort nahm ich zwei Radler zu mir.
Vor den Felbertauern wollte ich doch noch etwas zu mir nehmen. Deshalb kehrte ich in einem großen Wirtshaus mit
Metzgerei ein. Ein schöner Garten und eine sehr fesche nette Bedienung empfingen mich. Ich fühlte mich sofort
wohl; ich war, ja, gerade gedopt worden.
Schade, dass ich nach Leberkäse mit Spiegelei und Eiskaffee diese hübsche Dame verlassen musste Richtung
Felbertauern.
Mit einem weiteren einheimischen Radler aus Mittersill und seiner Mopedbegleiterin wurden wir samt unseren Fahrzeugen mit einem VW-Bus zur anderen Tunnelseite gefahren. 210,-- ÖS geteilt durch drei. Dann ging es in rasender Fahrt bergab nach Matrei. Mein Gewicht machte mich besonders schnell im Vergleich zu dem durchtrainierten einheimischen Bergradler.
In Matrai ölte ich die kleinen Zahnkränze, damit ich keine Ausrede bei den kommenden Steigungen ins Virgental habe.
Oh, ging das schon wieder bergauf, erst nach Mitteldorf, dann nach Virgen. Von da an über Obermauern und Bobojach langsam ansteigend nach Prägraten. Dort ein letztes Mal nach Bichl.
In Bichl angekommen freute ich mich auf Quartier und Dusche. Leider war niemand da. Die kurz vorbeigekommene
Tochter konnte mir auch nicht weiterhelfen. So ließ ich meine Radtaschen bei Kratzer`s und ging in das
naheliegende Lokal. Radler, Radler, Radler,....und "a guate Brettljausn". Ich war. ja, da.
Einem Duisburger Pärchen konnte ich ein paar gute Tips geben, denn sie waren erst den ersten Tag und das zum ersten Mal im Virgental. Ein Paar mit Kind aus der Nähe von Amstetten hatte den letzten Abend vor sich.
Mit dem letzten Radler saß ich dann wieder alleine und plante danach Kratzer`s wieder aufzusuchen. Kratzer`s waren
schon da. Frau Kratzer verschreckt, daß ich mit Familie jetzt schon da sei, wo wir doch erst am Samstag kommen wollten. Ich tröstete sie. Nur ich sei da. Sie bestätigte mir großes Glück, denn das Zimmer für meine Frau und mich war gerade frei geworden. Gerade als ich Frau Kratzer begrüßte, rief Margit an und fragte nach mir.
Zufall, nein, das ist bei uns eben so. Nach dem Duschen und in neuen Kleidern suchte ich wieder die Kneipe auf und fragte, ob ich mich an einen Tisch dazusetzen dürfe und bestellte Kasspatzen mit Salat und einem Bier. Meine Tischkollegen, ein Offenbacher mit seiner Frankfurter Freundin gaben mir ein weinig Unterricht in Astronomie. Nun sollte ich das nächste Mal auch die Eistüte am Himmel erkennen können. Außerdem erfuhr ich einiges über Schlafsäcke zum Übernachten im Freien. Noch vor 23 Uhr lag ich im Bett und schrieb meine letzten Zeilen über diesen Tag nieder.
Wann geht morgen der Bus nach Matrei? Wann kommt meine Meute heil an? Ich freue mich schon. Mein A... muss so
bleiben wie jetzt, toll!
700 km entfernt liegen Margit. Konstanze und Sophie, so denke ich, in ihren Bettchen. Warten sie aufgeregt auf morgen auf die große Reise das Wiedersehen mit mir? Ich freue mich sehr.
Hoffentlich sind wir gegenseitig nett und zuvorkommend.
Mein Bruder mit seiner Meute kommt morgen ebenfalls. Aufregend mit welchen Vorbehalten man gegenseitig auftreten wird. Lasst uns gemeinsam ein Stück Leben genießen. Jeder Tag ist der einzige in unserem Leben. Er wiederholt sich nicht. Er ist weg. Deshalb freue ich mich jeden Tag auf das, was wir unternehmen werden.
Ich bin gar nicht recht müde, sondern aufgeregt. Kann morgen noch nicht abwarten. Draußen rauscht die Isel.